100 Jahre Hindenburgstraße sind mehr als genug!

Straßenaktion für Umbenennung

Die nachhaltige Weigerung der jeweiligen politischen Mehrheiten in Darmstadt - früher SPD und CDU - heute Grüne und CDU - die Hindenburgstraße umzubenennen, war für das "Bündnis gegen Rechts" erneut Anlass, durch eine öffentliche Aktion am Jahrestag der Machtübergabe an Adolf Hitler am 30. Januar auf diesen Skandal aufmerksam zu machen.

Über fünfzig engagagierte Darmstädterinnen und Darmstädter versammelten sich daher am Montag, dem 30 Januar 2017 vor dem Gewerkschaftshaus in der Rheinstraße und enthüllten ein Banner. Darauf wurde die geschichtliche Rolle Hindenburgs dargestellt und die Umbenennung der Straße gefordert. (Bild oben links)

Der Vorsitzende des DGB-Stadtverbandes Darmstadt, Thomas Keller, wies in seinem Redebeitrag auf die Misere der Straßen- und Platzbenennungen in Darmstadt hin und erneuerte die Forderung nach einer Umbenennung.

 "Was bitte hat Hindenburg für das Gemeinwohl in Deutschland oder gar in Darmstadt getan?" fragte Keller. Ihm falle da nichts ein. "Er war Zeit seines           Lebens Militär und hat als Offizier Millionen von Todesopfern und Invaliden zu verantworten. ... Zu guter Letzt hat er nicht nur am 30 Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler gemacht. sondern an 28. Februar mit der Unterzeichnung der "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" den Weg in die   nationalsozialistische Diktatur geebnet ...".

All dies war für die Darmstädter Stadtregierungen seit 1946, in der die Sozialdemokraten bis 1997 die stärkste Fraktion im Stadtparlament stellte, kein Grund die Hindenburgstraße umzubenennen. Im Gegenteil, Initiativen, die gutbegründet eine Umbenennung forderten wurden schlicht ignoriert. Als 2005 erneut die Forderung nach einer Umbenennung laut wurde, entschloss sich die Stadt, inzwischen rot-grün regiert, zu einer Befragung der Anwohner. Die Medien berichteten bereits im Dezember 2005, dass die Anwohner und Geschäftsleute eine Umbenennung aus Kostengründen ablehnten. Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft - bis in die 60er Jahre von dem ehemaligen Nazi-Professor und späteren NPD-Chefideologen Ernst Anrich geleitet - befürchtete durch einen neuen "Straßennamen eine erhebliche Belastung für uns als ansässiges Unternehmen". Dennoch veranlasste die Stadt, im Konkreten der Grüne Stadtrat Feuchtinger, im Januar 2007 eine Anwohnerbefragung: von den 186 Stimmzettel kamen 151 mit einer Ablehnung zurück. 25 reagierten überhaupt nicht, 7 Sendungen kamen als unzustellbar zurück. Ganze 2 (in Worten: zwei) stimmten zu. Übrigens: Statt Hindenburgstraße sollte sie nach der Publizistin Marion Gräfin Dönhoff benannt werden.

Skandalös war bei alledem, dass die SPD/Grüne Stadtregierung offenbar glaubte, dass eine Straßenbenennung nur die dort Wohnenden anginge, und nicht die Stadtgesellschaft insgesamt: Eine beschämende Auffassung! Oder war es gar Kalkül, weil man ja schon seit mindestens Dezember 2005 wusste, dass die Anwohner einer Umbenennung nicht zustimmen würden? Vieles spricht für die letzte Variante. Das Ergebnis der Umfrage kommentierte der verantwortliche Stadtrat Feuchtinger mit "wir schließen dieses Kapitel". Es sei eine gute Entscheidung gewesen, die Anwohner zu Wort kommen zu lassen, fügte er hinzu.

Bereits im Jahr 2000 stellte der vor kurzem verstorbene Vorsitzende der Jüdische  Gemeinde Darmstadt, Moritz Neumann in einem Vorwort zu einem Buch die berechtigte Frage, warum "eigentlich die Hindenburgstraße noch immer Hindenburgstraße" heiße.

Im Dezember 2002 stellte die Stadtverordnetenfraktion PDS/DKP/Offene Liste den Antrag, die Hindenburgstraße nach der in Darmstadt geborenen aktiven Hitlergegnerin Elisabeth Schumacher umzubenennen. Im Dezember 2004 versuchte es die Stadtverordnetenfraktion PDS/DKP/Offene Liste Darmstadt erneut, die Hindenburgstraße umzubenennen, diesmal nach dem in Darmstadt geborenen aktiven Hitlergegner Arvid Harnack. Immer wurden diese Initiativen abgebügelt von den um den Ruf der Wissenschaftsstadt Darmstadt besorgten Stadtverordneten und Magistratsmitgliedern.

Im August 2013 endlich - nunmehr in der Opposition - stellte sogar die Darmstädter SPD-Fraktion den Antrag, die Hindenburgstraße umzubenennen. "Mit der neuen Namensfindung soll die Straßenbenennungskommission beauftragt werden. Bei der Suche nach einem neuen Straßennamen soll das "Bündnis gegen Rechts", das sich seit längerem aktiv für eine Umbenennung der Hindenburgstraße einsetzt, eingebunden werden".

Es gibt andere Städte, die hier mit gutem Beispiel vorangegangen sind. So hat es in einigen Städten Umbenennungen gegeben:

  • das "Hindenburg-Gymnasium" in Trier
  • der "Hindenburgplatz" in Münster(NRW)

Eine Umbenennung ist längst überfällig.

100 Jahre Hindenburgstraße sind genug !

Umbenennung jetzt!

Jetzt ist auch Oberbürgermeister Partsch, der eine vorbildliche Haltung für eine aktive Erinnerungskultur wiederholt eingenommen hat, gefordert.

Peter Friedel
05.02.2017
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