"Die Geschichte rechtfertigt eine Umbenennung der Straße"

DGB Darmstadt zum Abstimmungsverhalten der grün-schwarzen Mehrheit

Die Darmstädter Stadtverordnetenversammlung sprach sich am 10.Oktober gegen die Umbenennung der Hindenburgstraße aus. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion wurde mit den Stimmen der grün-schwarzen Mehrheit abgelehnt. Statt dessen sollen alle Darmstädter Strßennamen von einer Kommission überprüft werden. Für dieses Verfahren wurden zwei Jahre angesetzt.

Das Darmstädter "Bündnis gegen rechts" wirbt seit Anfang des Jahres für eine Umbenennung der Hindenburgstraße. Begründet wird dies mit der Rolle Hindenburgs im Ersten Wrltkrieg, in der Weimarer Republik und bei der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Er sei ein  „führender Vertreter des preußischen Militarismus“ gewesen  und sei  „mit der Politik der Notverordnungen maßgeblich verantwortlich" gewesen " für die Aushöhlung und Zerstörung der Weimarer Republik“. Reichspräsident Hindenburg habe schließlich mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler die Weimarer Republik „der faschistischen Diktatur ausgeliefert“.

Der Darmstädter DGB, der im "Bündnis gegen rechts" vertreten ist, kritisiert in einer Presseerklärung das Abstimmungsverhalten der grün-schwarzen Mehrheit und setzt sich insbesondere mit der Position der grünen Fraktion auseinander, die im Frühjahr noch für eine Umbenennung der Straße eingetreten ist.

„Die Geschichte rechtfertigt eine Umbenennung der Straße“ äußerte die Partei- und Fraktionssprecherin der Grünen Förster-Heldmann im Januar dieses Jahres noch gegenüber dem Darmstädter Echo. Umso unverständlicher ist jetzt allerdings das Abstimmungsverhalten der grün-schwarzen Mehrheit in der letzten Stadtverordnetenversammlung bei einem Antrag der SPD für eine sofortige Umbenennung der Straße. Diese wurde abgelehnt. Stattdessen soll eine Arbeitsgruppe eine Bestandsaufnahme aller Darmstädter Straßen erarbeiten und dann entscheiden.

„Grundsätzlich ist die Einsetzung einer solchen Arbeitsgruppe zu begrüßen. Allerdings ist sehr bedauerlich, dass die grün-schwarze Mehrheit des Darmstädter Stadtparlamentes nicht den Mut besessen hat, sich im eindeutigen Fall der Hindenburgstraße für eine Umbenennung zu entscheiden“, sind sich Jürgen Planert (DGB-Regionsvorsitzender Südhessen) und Thomas Keller (Vorsitzender des DGB Darmstadt) einig. „Paul von Hindenburg ist, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Namensgebern, historisch hinreichend erforscht und seine Einstufung als Militarist und Antidemokrat, der auch eine entscheidende Rolle bei der Machtübergabe an Adolf Hitler spielte, nicht mehr umstritten“, ergänzen Planert und Keller ihre Kritik. Deswegen hätte der DGB Darmstadt einen ausdrücklichen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung in dieser Frage begrüßt.

Besonders irritierend ist dabei, das widersprüchliche Verhalten der Darmstädter Grünen (von der CDU gibt es überhaupt keine öffentliche Stellungnahme) in dieser Frage. Einerseits wurde die Initiative für die Umbenennung der Straße aufgrund der historischen Bedeutung Hindenburgs ausdrücklich begrüßt (Darmstädter Echo vom 1.2.2013), andererseits der entsprechende Antrag abgelehnt. „Es ist befremdlich, wenn zwar die Analyse geteilt wird, aber daraus keine Konsequenzen folgen“, kritisiert Keller deshalb das Abstimmungsverhalten der Grünen. „Die Widersprüchlichkeit, dass die Parteivorsitzende Förster-Heldmann anders redet, als die Fraktionsvorsitzende Förster-Heldmann dann handelt, ist komplett unverständlich“, wundert sich der Darmstädter DGB-Vorsitzende Thomas Keller über diesen Sinneswandel.

„Straßennamen sind die Visitenkarte einer Stadt und deswegen dürfte es in einer weltoffenen, liberalen Wissenschaftsstadt wie Darmstadt eigentlich keine Hindenburgstraße geben. Andere Städte haben hier längst reagiert“, unterstreicht Planert diese Argumentation. Gerade die Namensgebung einer Hauptstraße wie der Hindenburgstraße geht die gesamte Bürgerschaft etwas an und ist nicht nur die Sache einiger Dutzend Anwohner. „Deswegen ist die Berufung auf die Anwohnerbefragung im Jahr 2007 auch nur die Vermeidung der Übernahme politischer Verantwortung“, rügt der DGB Stadtverbandsvorsitzende Keller dieses aus den Reihen des Magistrat und der Stadtverordneten vorgebrachte Argument.

Presseerklärung des DGB Darmstadt
17.10.2013
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