Dramatischer Rückgang im sozialen Wohnungsbau in Darmstadt

Eine Neuausrichtung der Wohnungsbaupolitik ist nötig

Die Stadt Darmstadt ächzt unter der Wohnraumnot. Anfang des Jahres brachte die Linksfraktion Anfragen in das Darmstädter Stadtparlament zum sozialen Wohnungsbau ein. Die Antworten auf die Anfragen sind erhellend, aber auch ernüchternd.

Im Jahr 1987 verfügte Darmstadt noch über 15.000 Sozialwohnungen, das waren 22,6 Prozent aller Wohnungen. Seitdem sinkt die Zahl kontinuierlich und stark ab. 2010 gab es nach Angaben des Instituts Wohnen und Umwelt nur noch  5.369 Sozialwohnungen, was einem Anteil von 6,9 Prozent am Gesamtwohnungsbestand entspricht. Auf die aktuelle Anfrage der Linken antwortete die Stadt, dass in den Jahren 2015-2017 lediglich 309 Sozialwohnungen geschaffen wurden, gleichzeitig aber 818 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen sind. In den letzten 3 drei Jahren entstand somit ein Minus von 509 Sozialwohnungen. Auf der anderen Seite steigt die Zahl der BewerberInnen für eine Sozialwohnung. In den Jahren 2015-2017 hat sich Anzahl der Haushalte, die berechtigt eine Sozialwohnung suchen, nach Angaben des städtischen Wohnungsamts von 1800 auf 2800 erhöht.

Die bisherige Wohnungsbaupolitik geht zu Lasten der unteren Einkommensschichten

Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Anspruch auf eine Sozialwohnung haben nach dem hessischen Wohnraumfördergesetz Einpersonenhaushalte bis zu einem sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommen von ca. 23.000 €, Zweipersonenhaushalte ca. 33.000 €.

Besonders stark von der Wohnungsnot sind BezieherInnen von Transferleistungen nach dem SGB II („ALG II“, „Hartz IV“) betroffen. Da nur Kosten für sogenannten „angemessene Wohnungen“ übernommen werden, müssen, laut Antwort auf eine weitere kleine Anfrage, 570 der ALG II–Beziehenden den Rest der Mietkosten aus dem Regelsatz bezahlen. Bei 134 Bedarfsgemeinschaften in Darmstadt liegt der Eigenbeitrag zur Miete bei über 100 €. Aktuell liegt der Regelsatz bei 409 € für Alleinstehende. Für die Linksfraktion ist dies "ein unhaltbarer Zustand, der die am Existenzminimum Lebenden zusätzlich belastet.“

Der öffentliche Wohnungsbau muss gestärkt werden

Die Antwort auf eine weitere Anfrage ergab, dass der neugeschaffene soziale Wohnraum ausschließlich durch öffentliche Wohnungsunternehmen bereitgestellt wurde. Kein einziger privater Investor/Bauherr hat auch nur eine einzige Sozialwohnung erbaut. Das muss natürlich Konsequenzen nach sich ziehen.

In einer Presseerklärung vom 9.4.18 fordert daraufhin die Linke: “Private Investoren müssen noch stärker in die Pflicht genommen werden, nicht nur Profite zu erwirtschaften, sondern auch ihren Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Aber auch der öffentliche Wohnungsbau muss stärker voran getrieben werden und mit entsprechenden Quoten für sozialen Wohnungsbau versehen werden.“  Im letzten Jahr hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, auch private Investoren zum Bau von Sozialwohnungen anzuhalten. Es ist nun genau zu beobachten, ob dieser Beschluss auch umgesetzt wird.

Die Stadt Darmstadt hat konsequent ihrer Aufgabe nachzukommen, genügend Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommen sicherzustellen. Dazu gehört vor Allem ein Grundstücksmanagement im Sinne des Gemeinwohls: Flächen dürfen nicht mehr nur an meistbietende Investoren verkauft werden, sondern beim Verkauf sind die Bieter nach sozial-ökologisch ausgewogenem und gemeinwohlorientiertem Konzept auszusuchen. Sozialer Wohnungsbau ist machbar. Bisher fehlte allein der politische Wille.

 

Linksfraktion/Erhard Schleitzer
23.04.2018