November 1918 – Die unvollendete Revolution

Ausstellung „Die rote Fahne“ im Gewerkschaftshaus Darmstadt

Der DGB in Darmstadt hat gemeinsam mit der französischen Gewerkschaft cgt im Elsass eine Ausstellung zum 100. Jahrestag der Novemberrevolution erstellt. Mit der französischen Gewerkschaft pflegt der Darmstädter DGB schon seit mehreren Jahren eine enge Partnerschaft. Doch gab es auch inhaltliche Gründe für eine Zusammenarbeit. Straßburg gehörte bis zum Friedensabkommen noch zu Deutschland und wurde wie andere Städte auch von der revolutionären Bewegung erfasst, die von den aufständischen Kieler Matrosen in das ganze Land getragen wurde.

Mit der Ausstellung wollen die beiden Gewerkschaftsgliederungen an die Novemberrevolution von 1918 erinnern. Sie beendete den Krieg durch die Weigerung der Soldaten, sich weiterhin in einem mörderischen Gemetzel hinschlachten zu lassen. Sie führte zum Sturz des Kaisers und zur Einführung der parlamentarischen Republik.

Auf 22 Tafeln werden die Ursachen des Krieges und seine Folgen für die Soldaten und die arbeitenden Menschen ebenso dargestellt wie der wachsende Widerstand gegen den Krieg, der schließlich in der Revolution mündet. Es wird auch auf die Ereignissen in Straßburg und in Darmstadt eingegangen, die vielen unbekannt sein dürften.

Nach Darmstadt sprang der Funke der Revolution von Griesheim über, wo am Griesheimer Sand viele preußische Soldaten stationiert waren. Sie erfuhren telefonisch von den Ereignissen in Kiel und Berlin und wollten ebenfalls ihren Beitrag zur Beendigung des Krieges leisten. Sie wählten einen Soldatenrat und 7000 Soldaten zogen nach Darmstadt, um die Gefangennahme des  Großherzogs zu fordern. Sie besetzten die Post, das Telegraphenamt und den Landtag. Ihnen schlossen sich auch Darmstädter Frauen und Männer und in Darmstadt stationierte Soldaten an. Sie belagerten das großherzogliche Palais und wollten am nächsten Morgen zu den Fabriken gehen, um sich mit den Arbeitern zu verbünden. Heinrich Delp gelang es schließlich, die Massen zu beruhigen. Der Großherzog wurde für abgesetzt erklärt und die Soldaten kehrten in die Kaserne zurück, nachdem Delp ihnen versprach, auf ihre Forderungen einzugehen. Am nächsten Tag gab es Betriebsversammlungen und es wurde in Darmstadt ein Arbeiter- und Soldatenrat gegründet. Dieser setzte den Großherzog ab und erklärte Hessen zur „freien und sozialistischen Republik“.

Heinrich Delp in Darmstadt…

1920 verteidigte sich Heinrich Delp im Landtag gegen Vorwürfe aus dem rechten Lager, er habe die Ereignisse des 8.Novembers „parteiagitatorisch“ ausgeschlachtet:  „welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, nachdem die Volksseele ins Kochen geraten war, geht aus der Tatsache hervor, daß wir Parteiführer unsere eigenen Parteigenossen zurückdrängen mußten, und ich gebe ohne weiteres zu: Wie bei der Arbeiterschaft in der Großstadt, so gibt es auch bei uns in Darmstadt Elemente, die bei allen derartigen Gelegenheiten im Trüben fischen wollen.“ Mit anderen Worten: Heinrich Delp übernahm die Führung der Bewegung, um weitergehenden Forderungen aus der Arbeiterschaft die Spitze zu nehmen.

…Friedrich Ebert in Berlin

In Berlin und im Reich übernahm Friedrich Ebert diese Rolle. Doch im Gegensatz zu Darmstadt gab es dort in der Arbeiterbewegung aktive organisierte Kräfte, welche sich die  Revolution nicht einfach aus der Hand nehmen ließen. Friedrich Ebert aber paktierte mit Reichswehrgeneral Groener, entmachtete die Soldatenräte und die Führung des Militärs konnte ihre Macht wieder herstellen. Als in Berlin Polizeipräsident Eichhorn vom linken Flügel der USPD abgesetzt wurde, protestierten hunderttausende Arbeiter*innen dagegen. Der Konflikt eskalierte und gegen die aufständischen Arbeiter wurde die reaktionäre Reichswehr eingesetzt, die mit großer Brutalität vorging. Auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht fielen diesen Pogromen zu Opfer.

Allerdings konnte die Arbeiterbewegung in der Novemberrevolution auch einige Erfolge erringen, die bis heute nachwirken:

  • der Sturz der Monarchie und die Einführung einer parlamentarischen Demokratie
  •  das Frauenwahlrecht
  • der Acht-Stundentag und
  • die Anerkennung der Gewerkschaften als Vertretung der Arbeiterschaft

Aber die Macht der Reichswehr blieb unangetastet. In Justiz und Verwaltung verblieben die Anhänger der Monarchie und andere Feinde der Republik. Die wirtschaftliche Macht der Junker und der Kohle- und Stahlindustriellen als die treibenden Kräfte des Krieges blieb unangetastet. Sie deckten immer wieder republikfeindliche Kräfte und brachten schließlich auch die Faschisten an die Macht.

Die Ausstellung ist vom 12. November bis 30. November 2018 im DGB Haus Darmstadt zu sehen (Montags bis Donnerstags von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr, Freitags von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr)

Außerdem ist die Ausstellung auch im Internet zu sehen. Dort gibt es auch weitere Informationen vor allem auch zu den Ereignissen in Darmstadt:

https://www.rotefahne1918.eu/

Reinhard Raika
13.11.2018