Streiks im Öffentlichen Dienst

Zweiter Streiktag in Darmstadt

Am 20.10.20 war der zweite Streiktag in Südhessen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaft ver.di wertet die Beteiligung als Erfolg: rund 1.200 Beschäftigte beteiligten sich in ganz Südhessen an den Streiks, die Beteiligung an den Demonstrationen war noch höher. Die größte Demonstration fand in Darmstadt statt mit über 500 Teilnehmer*innen, auch in Rüsselsheim beteiligten sich 300- 400 Kolleg*innen. Sogar in Pfungstadt fand eine Kundgebung mit 120 Teilnehmer*innen statt. Weitere Aktionen fanden in Erbach, Münster, Groß-Gerau, und Riedstadt statt.

In Darmstadt bildeten die Demonstrant*innen eine Menschenkette rund um das Klinikum und skandierten lautstark ihre Forderungen. Mit dem Slogan „gestern beklatscht - heute vergessen“ brachten die Demonstrant*innen ihren Unmut über das unzureichende Angebot der öffentlichen Arbeitgeber zu Ausdruck: „Angebot der Arbeitgeber – dreist, respektlos, provokant. Mehr Ausdruck fehlender Wertschätzung geht nicht!“ Die Vorstellung der Arbeitgeber sind Entgelterhöhungen erst ab dem 1. März 2021 um 1,0 Prozent, mindestens aber 30 Euro, ab dem 1. März 2022 um 1,0 Prozent und ab dem 1. März 2023 um weitere 1,5 Prozent; zusätzlich eine einmalige Corona-Sonderzahlung im Dezember 2020 in Höhe von 300 Euro (Teilzeitbeschäftigte entsprechend weniger). Aber: bereits übertariflich gezahlte Prämien werden auf diesen Betrag angerechnet. Dieses Angebot, so betonten Redner*innen auf der Abschlusskundgebung in Darmstadt, bedeutet einen Reallohnverlust. In dem so genannten Angebot der Arbeitgeber sind noch offene und weitere versteckte Kürzungen enthalten (s. Tarif-Info von ver.di unten).

Wie angespannt die Situation in den Krankenhäusern ist, führte eine Rednerin der Kliniken aus: von den aktiven Gewerkschafter*innen, die aktiv den Streik vorbereiteten, konnten an dem Streiktag 11 Kolleg*innen nicht an dem Streik teilnehmen, weil sie sich wegen Corona in Quarantäne befanden. Die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind deshalb besonders verbittert über das provozierende Angebot der Arbeitgeber.

Am Streiktag gab es auch in Darmstadt außer der gemeinsamen Demonstration noch viele dezentrale Aktionen. Zahlreiche Erzieher*innen legten die Arbeit nieder und der Normalbetrieb der Kitas in Darmstadt war eingestellt. Mit einer Notdienstvereinbarung zwischen ver.di und der Stadt wurden Notdienste vereinbart, die besonders stark betroffene Eltern entlastete. Auch beim EAD (Eigenbetrieb für kommunale Aufgaben und Dienstleistungen) standen frühmorgens viele Beschäftigte gemeinsam vor dem Betriebstor. Zahlreiche Mülltonnen in Darmstadt blieben ungeleert.

Jetzt stellt sich heraus, dass die Worte vieler Politiker*innen während der Corona-Pandemie zur Wertschätzung der Beschäftigten in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes nur leere Worte waren. Während Unternehmen wie die Lufthansa Milliardenhilfen erhalten, soll für die „systemrelevanten“ Beschäftigten noch nicht mal ein Inflationsausgleich übrig bleiben.

 

 

 

 

 

Erhard Schleitzer
22.10.2020