Spahn spart bei den Krankenhaus-Beschäftigten

Nach dem „Applaus“ fördert die knauserige Corona-Prämie die Spaltung unter den Beschäftigten

Die von der Bundesregierung auf Vorschlag der Klinikträger und Krankenkassen beschlossene Sonderzahlung für die Beschäftigten der Krankenhäuser soll ca. nur einem Drittel der Krankenhäuser zugutekommen. Auch bei den Berufsgruppen außerhalb der Pflege wie z. B. bei Reinigungskräften und Laborbeschäftigten ist regelhaft keine Prämie vorgesehen. Aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds werden lediglich 100 Millionen Euro für die Prämie zur Verfügung gestellt, wobei die DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft) selbst erklärt: »Die Berücksichtigung eines deutlich größeren Kreises oder aller Beschäftigen in den Krankenhäusern würde bis zu ca. 800 Millionen Euro ergänzender Mittel erforderlich machen.« Von den 440.000 Pflegekräften werden lediglich rund 100.000 einen Bonus erhalten. Dies ist das Gegenteil von Wertschätzung.

Die Spaltung

Und das besondere Fiese an der Regelung: die Krankenhausträger müssen im „Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung« festlegen, wie die Prämie konkret verteilt wird. Die Kliniken müssen das Geld zurück zahlen, wenn kein »Einvernehmen« zustande kommt. Die Interessenvertretungen werden damit in eine Zwickmühle gebracht: für die Verteilung der Prämie werden sie mit verantwortlich gemacht, deren Höhe von vorneherein unzureichend und ungerecht ist. Sie werden vor die Entscheidung gestellt, ob sie zustimmen, dass entweder das Pflegepersonal, das intensiven Kontakt hatte mit Corona-Patienten, insbesondere auf Intensivstationen, einen ausreichend hohen Bonus bekommt – oder dafür das restliche Personal nichts oder fast gar nichts.

In Darmstadt erhält das Klinikum eine Corona-Prämie 342.000 € vom Bund zugewiesen, plus 50% dieses Betrages vom Land Hessen, insgesamt 513.000 €. Für die ca. 2.500 Beschäftigten bedeutet das pro Kopf lediglich 205 €. Das Elisabethenstift Darmstadt erhält insgesamt 207.000 €, das Alice-Hospital bekommt überhaupt keine Prämie zugewiesen, da es zu wenig Corona-Patienten behandelt habe. Das Kreiskrankenhaus Darmstadt-Dieburg erhält trotz erheblicher Corona-Fallzahlen auch nur 310.000 €. Diese pro Kopf minimalen Zahlungen bringen alle Interessenvertretungen in die Bredouille, weil sie einfach keine gerechten betrieblichen Regelungen abschließen können. Nach Berichten von ver.di haben in vielen Kliniken Beschäftigte außer des Pflegepersonals keine Prämien erhalten. Auch habe es nach dem Abklingen der ersten Corona-Welle in den meisten Krankenhäusern von Seiten der Leitungen keine Bestrebungen gegeben, das überlastete Personal durch eine gezielte Dienstplangestaltung in Form von Überstundenabbau und geplante Freizeiten zu entlasten. Das schlägt natürlich zusätzlich auf die Stimmung und Motivation der Beschäftigten.

Die Mitarbeitervertretung des Elisabethenstifts in Darmstadt, eine Einrichtung der Agaplesion gAG, startete innerhalb des Krankenhauses eine breit angelegte Umfrage unter allen Beschäftigten, welche Mitarbeiter*innen bei der Auszahlung des Bonus berücksichtigt werden sollen. Eine deutliche Mehrheit sprach sich dafür aus, dass alle Beschäftigten, die mit und an einem Corona-Patienten gearbeitet hatten, unabhängig von ihrer Berufsausübung, einen Bonus bekommen sollen. Laut der gesetzlichen Vorgaben können aber nur die Zeiten der ersten Corona-Welle zwischen Anfang März und Ende Mai 2020 berücksichtigt werden. Es wurde eine Dienstvereinbarung abgeschlossen, wonach alle Beschäftigten, auch die von den Fremdfirmen bzw. von den Tochtergesellschaften von Agaplesion , die Kontakt mit Corona-Patient*innen hatten, ca. 1.000 € Prämie bekamen. Immerhin erhielten rund 200 der insgesamt 1000 Beschäftigten die Prämie.

Halbwegs positive Regelung in der Altenpflege

In der Altenpflege hatte eine Initiative von ver.di bundesweit Erfolg. Im Juli 2020 wurde in allen Einrichtungen der Altenpflege eine Sonderprämie an sämtliche Beschäftigten ausgezahlt. Die Prämie erhalten alle Beschäftigte die vom 1. März bis 31. Oktober 2020 mindestens drei Monate tätig waren. Eine Prämie in Höhe von 1.500 € erhalten Beschäftigte in Vollzeit, die hauptsächlich in der pflegerischen Betreuung tätig sind, also etwa Pflegefach- und Pflegehilfskräfte, Alltagsbegleiter/innen sowie Beschäftigte in der hauswirtschaftlichen Versorgung. Eine Prämie in Höhe von 1.000 € erhalten Kräfte, die mindestens ein Viertel ihrer Arbeitszeit mit Pflegebedürftigen verbringen, zum Beispiel auch Küchenkräfte, Reinigungskräfte oder Beschäftige der Gartenpflege. Alle sonstigen Beschäftigten erhalten eine Prämie in Höhe von 500 €. Teilzeitbeschäftigte bekommen die Prämie anteilig. ver.di weist darauf hin, dass trotz dieses Erfolges, die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen dringend notwendig seien und die ausgezahlte Prämie eine grundsätzlich bessere Bezahlung nicht ersetzt.

Erhard Schleitzer
15.12.2020