Bofrost-Niederlassung Darmstadt wird abgewickelt

Standort wegen aktiven Betriebsrats aufgelöst?

In der Bofrost-Niederlassung Darmstadt hält sich das Gerücht, dass die Geschäftsführung von Bofrost den Standort Darmstadt nicht wegen schlecht gehender Geschäfte schließt, sondern mit der Schließung vor allem einen engagierten Betriebsrat los werden will, ehe sich dieser zu einem Impulsgeber auch für Betriebsräte anderer Niederlassungen entwickelt (s. siehsmaso vom 06.07.2021).

Auf die im Mai 2021 verkündete Stilllegung des Darmstädter Standortes begannen im Juli die Verhandlungen des Betriebsrates mit der zentralen Geschäftsführung aus Straelen am Niederrhein über einen Interessenausgleich und Sozialplan.Dem Betriebsrat lag dabei nichts näher, als für möglichst viele der knapp 40-köpfigen Belegschaft eine Weiterbeschäftigung in den nahegelegenen Niederlassungen von Bofrost in Dreieich, Mörlenbach/Lorsch, Eppstein und Stockstadt bei Aschaffenburg zu erreichen. Dafür sprach allein schon, dass die zwar rückgängige, aber durchaus beachtliche Anzahl von Bofrost-Kund*innen des Vertriebsgebietes Darmstadt auf die anderen Verkaufsregionen „verteilt“ werden sollen, also auch dort ein Bedarf an mehr Verkaufsfahrer*innen und telefonischen Kund*innenbetreuer*innen durchaus zu erwarten sein würde.

Bofrost-Stiftung greift zu formalen Tricks

Dieser Streit konnte bis zum Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans am 20. Oktober 2021 nicht zugunsten der Angestellten der Niederlassung Darmstadt beendet werden. Denn rechtlich gilt diese Niederlassung wie alle anderen über hundert Filialen als „selbständige Vertriebsgesellschaft“. Über allen „schwebt“ die „Bofrost-Stiftung“ mit Sitz in Geldern, die angeblich „keinen Einfluss auf die Leitung der Vertriebsorganisation und das operative Geschäft der einzelnen Vertriebsgesellschaften“ nehmen kann und nimmt.

Jedenfalls wurde diese Chance der Vereinbarung einer Weiterbeschäftigung möglichst zahlreicher Beschäftigter aus Darmstadt durch (vorgeschobene?) rechtliche Gründe gezielt versperrt. Sie erhielten lediglich eine unverbindliche Zusage, „sich auf offene Stellen innerhalb der BofrostGruppe“ bewerben zu können. Und im „Fall eines nahtlosen Wechsels zu einer anderen Bofrost-Vertriebsgesellschaft“ werde „erfahrungsgemäß die bereits erdiente Bofrost-Betriebszugehörigkeit angerechnet“. Dadurch sind die wechselfreudigen Beschäftigten der „Gutmütigkeit“ der jeweiligen Geschäftsführung anderer Niederlassungen ausgeliefert. Da das „Erdienen“ irgendwelchen Entgegenkommens dem Betriebsrat offensichtlich nicht in den Sinn kam, konzentrierte er sich bei den Verhandlungen auf die Ausgestaltung des Sozialplans zur Regelung des Nachteilsausgleichs für die Beschäftigten beim Verlust ihres Arbeitsplatzes. Doch auch hier wurde die rechtliche Selbständigkeit der Vertriebsgesellschaft in Darmstadt zu einem Bremsklotz für allzu hohe Erwartungen, weil letztlich nur das alleinige Vermögen der Niederlassung in die Verhandlungen einbezogen werden konnte.

Dennoch gelang es dem Betriebsrat, zu verhindern, dass sich die zentrale Geschäftsführung aus ihrer sozialen Verantwortung verabschiedete, und großzügiger sein durfte, als sie es wohl anfangs vorhatte. Letztlich erwies sich die konsequente Haltung des Betriebsrates auch bei diesen Verhandlungen als richtig und wichtig. Am Ende wurden Abfindungen zwischen 0,5 und 1,0 Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr, besondere Zuschläge für Beschäftigte mit Kind/ern und Schwerbehinderung, Ausgleichszahlungen für Ältere mit Anspruch auf vorgezogene Altersrente vereinbart. Darüber hinaus wird das Weihnachtsgeld in vollem Umfang und das Urlaubsgeld für 2022 anteilig gezahlt. Die Geltung des Großhandelstarifvertrages hätte für Letzteres „automatisch“ gesorgt.

Doch dafür können die Darmstädter Bofrost-Beschäftigten und ihr Betriebsrat jetzt nicht mehr oder erst später wieder an anderer Stelle im Unternehmen kämpfen; vorausgesetzt, die Geschäftsführung hält ihr Versprechen ein, sich für die Übernahme möglichst vieler von ihnen in nahe gelegene Vertriebsregionen einzusetzen, – und ist dabei erfolgreich

ver.di Ortsverein Darmstadt
08.11.2021
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