Kein Herz für Merz

Hunderte demonstrieren gegen Rechtsruck
Reinhard Raika

Am 20. Februar gab sich Friedrich Merz die Ehre in Darmstadt. Im Darmstadium sprach er vor rund Eintausend Zuhörer:innen, die sich dafür extra anmelden mussten.  Die Darmstädter Innenstadt war über Stunden großräumig abgesperrt. 

Vor dem Darmstadtium demonstrierten mehrere Hundert Menschen gegen diesen Auftritt. Es gab weinig Parteifahnen, dafür viele selbst hergestellte Plakate und Transparente. Vor seinem Publikum zeigte sich Merz erstaunt über die Demonstrierenden: "Ich verstehe gar nicht, warum ihre Stadt so links ist."

Seit er mit seiner Partei im Bundestag gemeinsam mit der AfD für eine Verschärfung der Migrationspolitik gestimmt hat, ist Merz für viele der personifizierte Rechtsruck. Die Reden von Stadtschüler:innenrat, Interventionistischer Linken und „Community for All“ drehten sich folglich auch um Fragen der Migration und um die „Brandmauer“, die Merz mit der Abstimmung im Bundestag eingerissen habe. In diesem Zusammenhang wurde auch mehrfach auf die geplante Bezahlkarte für Geflüchtete verwiesen, die den Betroffenen das Leben schwer mache, da sie ohne Bargeld z.B. nicht mehr auf Flohmärkten einkaufen könnten.

Daniel Behruzi kritisierte auch die Politik CDU und der Ampelparteien, die durch ihre Sparpolitik den Aufstieg der AfD mitverschuldet hätten. Als Beispiel führte er die TU Darmstadt an, bei der die Landesregierung große Einsparungen vornehmen wollte, die aber durch den Widerstand der Beschäftigten und Studierenden verhindert worden seien. Widerstand von unten sei also möglich und das sei auch der Weg, um der Rechtsentwicklung zu begegnen.

Gerti Wolf stellte für die Gruppe FemStreik Darmstadt dar, wie sich die weltweite Rechtsentwicklung besonders negativ auf Frauen auswirkt.  Friedrich Merz charakterisierte sie als einen Vertreter der Interessen des Kapitals. Er setze sich für eine Wirtschafts- und Sozialpolitik in deren Sinne ein und wolle eine Konservative Politik durchsetzen.

Im Folgenden veröffentlichen wir die Rede von Gerti Wolf (FemStreik Darmstadt

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 Ich habe lange überlegt, was ich als Feministin heute sagen soll. 

Zum Thema Migration ist heute schon viel gesagt, ich lass das deshalb in meinem Beitrag kurz. 

  1. Eigentlich ist alles ohne Worte. 

 

Weltweit wird reaktionäres und faschistisches Gedankengut immer stärker zum Vorbild für Politik. 

Weltweit haben immer öfter skrupellose egomanische Männer die Staats-Macht in Händen. 

Weltweit arbeiten faschistische Kräfte zusammen – egal ob religiös extreme Fundamentalisten oder erklärte Nazis. 

Weltweit wird mit sehr viel Geld durch hochprofessionelle Werbung und geschickte emotionale Stimmungsmache Meinung manipuliert. 

Weltweit nehmen Kriege zu und die Rüstungsindustrie versteckt ihre Milliardengeschäfte hinter Friedenstauben. 

Weltweit spielen sich Antifeministen als die Beschützer von Frauen auf. 

  1. Zum Kotzen ist das!! 

 

Und Friedrich Merz? Was können wir von ihm als Bundeskanzler erwarten? 

Merz macht keinen Hehl aus seinem Antifeminismus, vielleicht ist er sogar stolz darauf. Jedenfalls fischt er damit Wähler vom rechten Rand – die frustrierten Helden eben. 

Im ersten TV-Duell war Merz gefragt worden, was er von der Trump-Politik halte, wonach es nur zwei Geschlechter gebe. Merz sagte, das sei „eine Entscheidung, die ich nachvollziehen kann“. 

Er sperrt sich seit Jahren gegen gesetzliche Regelungen für Frauenrechte, die schon längst nicht nur von feministisch überzeugten Menschen als richtig empfunden werden: 

Beispiel §218: 

Im November 2024 wetterte Friedrich Merz heftig gegen einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf, dessen Ziel es war, den Paragraf 218 im Strafgesetzbuch so zu reformieren, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche nicht länger als Straftat gelten. Der CDU-Chef will Frauen die Entscheidung über ihren eigenen Körper verwehren. Und dazu diffamierte er vor wenigen Tagen in der ARD-Wahlarena sogar die demokratisch eingesetzte, hochkarätig mit Fachleuten besetzte Kommission: man könne sie ja nicht ernst nehmen, sie sei ja einseitig besetzt. Und sie würden ja einseitig nur das Selbstbestimmungsrecht der Frau und nicht das Lebendes Kindes sehen. 

  1. Wie unverschämt ist das denn!! 
  2. Nebenbei: es sind vor allem Frauen, die weltweit in unbezahlter oder schlecht bezahlter Arbeit für das Leben sorgen, dass Kinder möglichst unbeschadet aufwachsen können, dass 

 

  1. Während Männer Kriege führen, in denen sie zerstören und vergewaltigen. 

 

Beispiel Gleichbehandlung

Merz stimmte schon 2006, also vor 19 Jahren, gegen das Gleichbehandlungsgesetz, das Frauen in Ausbildung und Beruf mit Männern gleichstellt. Sein Frauenbild hat sich bis heute nicht geändert. 

Beispiel Vergewaltigung in der Ehe: 

Im Jahr 1997, also vor 28 Jahren, stimmte Merz gegen ein Gesetz, das Frauen davor schützen sollte, dass ihre Ehemänner sie vergewaltigten und ohne Strafe davonkamen. 

  1. Und jetzt will er uns weismachen, dass er uns vor Vergewaltigung schützt????? 

 

Migranten gibt er an Allem Schuld. 

So wird von den wirklichen Zusammenhängen und Ursachen abgelenkt, ein handliches Feindbild wird geboten - - dieses verlogene Rezept der Herrschenden ist sooooo alt! 

Den Menschen wird erst Angst gemacht, und dann eine einfache Lösung versprochen damit alles so schön bleibt wie es ist. Das wirkt und viele, gerade ältere Menschen, hoffen, dass das klappt. 

Sie wollen vergessen, dass das Recht auf Asyl damals ins Grundgesetzt aufgenommen wurde, um aus den Erfahrungen des Hitler-Faschismus zu lernen. 

Ich gebe zu, eine Bundesregierung hat es nicht leicht. Die jetzige ist mit vielen guten Absichten angetreten und wurde dann dazu gebracht, nichts davon umzusetzen. Nicht einmal den §218 hat sie aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, obwohl alle dafür sind. 

Woran liegt das? Es liegt daran, dass eine Regierung immer daran arbeitet, das System zu erhalten. Irgendwie ist das ihr Job. 

Das System in Deutschland und weltweit heißt Kapitalismus. Die unermesslichen Profite ermöglichen es schon längst, Macht direkt auszuüben und auf politische Entscheidungen einzuwirken. Das Gespann Musk-Trump ist da ein prima Beispiel. Daran arbeiten die Konzerne hier auch. 

Das Modell „Sozialstaat“ ist nicht mehr notwendig, seit wir kein Schaufenster des Westens mehr sein müssen, an dem sich sozialistische Menschen neidvoll die Nase platt drücken sollen. Ungebremst treibt der Neoliberalismus seit mehr als 30 Jahren die Interessen des Kapitals in die Politik. Bedürftige werden diffamiert als arbeitsscheue Schmarotzer. Gewinne der Konzerne steigen wie nie zuvor, auch wenn der eine oder andere Betrieb auf der Strecke bleibt und Arbeitsplätze futsch sind. 

Und ein Mann wie Friedrich Merz versteht etwas von Kapitalinteressen. Sein 12 Millionen Vermögen und seine Erfahrungen bei BlackRock sind dafür allerbeste Referenzen. 

Erl liebt PS-starke Autos und ist gerne mit seinem Luxus-Privat-Jet unterwegs – da muss niemand Angst haben, dass er unbequeme Klima-Schutz-Entscheidungen trifft. 

Er setzt sich für eine starke Wirtschaft und eine konservative Gesellschaftspolitik ein. Er war im Jahr 2000 Gründungsmitglied der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), einem Think-Tank des Neoliberalismus. Mit dem Budget von jährlich 10 Mio Euro haben deren Aktivitäten gezielt in den letzten Jahren massiv dazu beigetragen, Einstellungen in der Bevölkerung zu verändern. 

Eine neue Recherche von Correctiv zeigt, dass viele Forderungen von Merz direkt aus den Positionspapieren großer Industrieverbände stammen – teils sogar wortwörtlich. Vor allem die Chemie- und Metallindustrie haben offenbar großen Einfluss auf das CDU-Programm. Beide gehören zu den größten Sponsoren der CDU. Großkonzerne oder Gemeinwohl – wessen Interessen wird Merz als Kanzler vertreten? 

  1. Unsere nicht! 

 

Wir sind heute hier, um unseren Forderungen an Friedrich Merz Gehör zu verschaffen. 

Ich habe viele politische Forderungen, aber an Friedrich Merz habe ich nur eine einzige Forderung: 

  1. Treten Sie zurück, und zwar heute noch!!!!! 

 

Für die Wahl am Sonntag wünsche ich mir nur, dass eine möglichst starke linke Opposition gewählt wird, die unsere Forderungen dort zur Sprache bringen kann. 

Demokratie muss mehr sein als Wählen gehen. 

Für alle unsere Forderungen werden wir weiter auf der Straße kämpfen, denn nur so können wir etwas erreichen. Weltweit sind Menschen aktiv und auch wir in Darmstadt sind Teil der globalen Feministischen Streikbewegung.

Wir setzen uns ein für eine gerechte, inklusive und solidarische Gesellschaft. 

Vielfalt ist unsere Stärke. Migration, Diversität und die Rechte aller Menschen sind keine „Probleme“, sondern sollten zentrale Bestandteile einer modernen Gesellschaft sein. 

Für eine gerechte Zukunft – Mit uns allen! Dafür treten wir ein – auch nach dieser Bundestagswahl! 

Und diese Zukunft muss feministisch sein, sonst wird sie nicht gerecht sein. 

Kommt am 8. März zu unserer Demonstration und Kundgebung zum internationalen feministischen Kampftag. Wir beginnen um 14 Uhr auf dem Platz vor dem Staatstheater. 

Wir sehen uns dann! 

Danke

22.02.2025