Der Ostermarsch im Odenwald ist schon seit zwanzig Jahren fester Bestandteil der Ostermarschbewegung. Es zeigen sich hier jedoch exemplarisch Risse zwischen den Vertretern und Anhängern von Regierungsparteien und den Gruppierungen der Friedensbewegung. Früher gab es noch einen gemeinsamen Aufruf, doch die Differenzen sind mittlerweile so stark, dass sie nicht mehr durch Formelkompromisse und schöne Worte zugedeckt werden können.
Bei der Vorbereitung des Ostermarschs 2024 gab es allerdings heftige Differenzen um die Redebeiträge. SPD und DGB plädierten ausdrücklich für Waffenlieferungen an die Ukraine. Anderen, die Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete strikt ablehnen, konnten 2024 keinen Redebeitrag halten.
Sie beschlossen daher als neue Gruppierung (Ostermarsch Friedensbündnis) die Demonstration 2025 auf der gleichen Route anzumelden, wie es das alte Bündnis 2024 getan hatte. Als Vertreter der SPD und des DGB für dieses Jahr den Ostermarsch anmelden wollten, mussten sie also feststellen, dass es eine Anmeldung bereits gab. Dies nahmen DGB, SPD, GRÜNE und „Odenwald gegen rechts“ zum Anlass, sich ganz vom Ostermarsch zurückzuziehen.
In ihrer Begründung schreiben sie: „Putin und seine Regime führen in der Ukraine einen völkerrechtswidrigen verbrecherischen Angriffskrieg, in dem Kinder, Frauen und Männer getötet werden und gezielt Kliniken bombardiert werden. Wer das in Abrede stellt oder relativiert, ist für uns kein Bündnispartner.“
Im Aufruf gibt es allerdings keinen Hinweis auf eine Rechtfertigung des russischen Angriffs auf die Ukraine. Es ist wohl ein Versuch, Kritiker*innen der offiziellen Ukrainepolitik eine Nähe zu Putin zu unterstellen.
Weiter heißt es in der Erklärung:
„Keines der zentralen Menschheitsprobleme kann militärisch gelöst werden. Das Geld, das für Rüstung aus dem Fenster geworfen wird, fehlt für die Bekämpfung von Hunger und Elend und für die Anwendung der drohenden Klimakatastrophe. Deshalb treten wir für Abrüstung ein.“
Dann heißt es jedoch weiter:
„Aber solange Putin in Europa Krieg führt, wäre es widersinnig, einseitig abzurüsten. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine muss so rasch wie möglich beendet werden, dann kann auch endlich wieder über Abrüstung verhandelt werden.“
Die Unverletzlichkeit von Grenzen sei jedoch auch für das Ostermarsch-Friedensbündnis ein wichtiges Prinzip. Es hält aber fest, dass eine Lösung des Konflikts in der Ukraine nicht durch noch mehr Waffen, sondern nur durch Diplomatie gelöst werden könne. Zusätzliche US-Mittelstreckenraketen in Deutschland werden abgelehnt und eine Sicherheitsarchitektur mit allen Ländern in Europa, also auch mit Russland gefordert.
In diesem Sinne rief das Odenwälder Ostermarsch-Friedensbündnis für Ostersonntag zum Ostermarsch auf. Im Folgenden dokumentieren wir die Presseerklärung des Bündnisses zum Verlauf des Ostermarsches.
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20.04.2025 Odenwälder Ostermarsch erfolgreich und gestärkt
Der Odenwälder Ostermarsch am 19.04.2025 wird von der Initiative für den Ostermarsch im Odenwald als toller Erfolg bewertet. Das umso mehr, als DGB, SPD, Bündnis 90 die Grünen sowie OgR (Odenwald gegen Rechts) zum Boykott aufgerufen hatten – eine aufschlussreiche Gegenaktion. Diese Organisationen haben der Friedensbewegung den Rücken gekehrt. 150 Teilnehmer folgten dagegen dem Aufruf der Inititative und blieben damit standhaft der Friedenstradition verpflichtet. Auch wenn die Organisationen, die sich der schwarz-rotgrünen Regierungspolitik unterworfen haben, wegblieben, so gab es doch zahlreiche bekannte Gesichter aus ihren Reihen, die dem Frieden treu blieben. Diesen bleibt die Initiative verbunden und lädt weiterhin zum Einsatz für Frieden und Abrüstung ein.
Bei der Auftaktveranstaltung auf dem Erbacher Marktplatz unterstrich die 17-jährige Luna Fischer die Position der jungen Generation, die sich nicht in einen Krieg einspannen lassen möchte. Sie kritisierte die Werbung der Bundeswehr an ihrer Schule, der sie nicht entgehen konnte. Luna betrauerte die humanitäre Katastrophe in Gaza, auf die unser Land eher
schulterzuckend reagiert und äußerte ihr Befremden über die Zuschreibungen, die auf eine Kritik an dieser Haltung erfolgen. Die junge Rednerin unterstrich die Solidarität der Jugend mit den Opfern aller Kriege mit dem Schluss: eure Kriege – ohne uns!.
Der nachfolgende Demonstrationszug nach Michelstadt verlief ohne Zwischenfälle. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Lindenplatz blickte Christopher Kloß auf seine jahrzehntelangen Erfahrungen mit Ostermärschen zurück. Er bekräftigte das Friedensgebot des Völkerrechts und rekapitulierte die historischen Fakten, die die Vorgeschichte des
jetzigen Ukrainekriegs darstellen. Kloß benannte die Ursachen des Krieges und die Chancen zur Kriegsbeendigung. Er äußerte sich erfreut, dass 2025 der Odenwälder Ostermarsch die pazifstische Tradition seiner Gründungsphase wieder aufgenommen hat und einer Kriegspolitik eine Absage erteilt.
Detlev M. Daniel beleuchtete in der Abschlussrede den Zusammenhang zwischen Frieden und Sicherheit: „Selbstverständlich will jeder den Frieden, nur will ihn jeder möglichst zu seinen Bedingungen. Und das gilt um so mehr, je mehr er gewohnt ist Macht auszuüben. Wirklicher Frieden basiert nicht auf Macht und Herrschaft, sondern auf dem Ausgleich der Interessen, auf Verständigung. Dazu muß man miteinander reden, auch immer wieder verhandeln.“ Daniel brachte damit den Dissenz mit den abgedankten Organisatoren des Friedensmarsches auf den Punkt, die genau diese These nicht mittragen wollen. Eine größere Teilnehmerzahl als im vergangenen Jahr bestärkt die Initiative für den
Ostermarsch im Odenwald darin, den eingeschlagenen Weg selbstbewußt weiter zu verfolgen und die Arbeit für Frieden, Völkerverständigung und Diplomatie als Kon:iktbewältigung weiter zu führen. Alle Personen und Organisationen sind eingeladen, sich diesem Vorhaben (wieder) anzuschließen.