Der internationale Tag der Pflege am 12. Mai soll die Arbeit der Beschäftigten in der Pflege würdigen und wertschätzen. Nun war in diesem Jahr der 12. Mai ein Sonntag und gleichzeitig Muttertag. Aber ein Tag zum Beifall-Klatschen - wie zu Zeiten von Corona - brauchen die Beschäftigten nicht. Die verdi-Senior*innen führten deshalb eine Aktion am folgenden Montag, den 13.5., auf dem belebten Ernst-Ludwig-Platz durch, um die Anliegen des Pflegepersonals zu unterstützen.
Für besondere Aufmerksamkeit bei der bunten Aktion sorgte ein Clownin mit Drehorgel und die Aufführung einer Moritat in 16 Versen, begleitet mit Akkordeon. Hier ein paar Auszüge. Der gesamte Text kann in der Broschüre „Klage einer kranken Schwester“ eingesehen werden – eine bebilderte Broschüre mit vielen weiteren Informationen zu Situation in der Pflege (s. Dokumente unten).
(1) Oh ich arme Darmstädter Meid
in meim Beruf hab ich schon länger ka Freud
Ich wäs nit in und wäs nit
am zammefälle is mein Hus. (...)
12.) Doch es gibt Häuser die machen Profit
da kommt mein Hus nicht mit.
Es sind Gesellschaften die Gewinne generiern,
das geht aber nur wenn andere verliern. (...)
17.) Es ist zum heulen, was sollen wir tun?
Wir müssen aufstehen und nicht mehr ruhn!
Müssen raus auf die Straße gehen,
revolutionieren, damit es alle sehn.
Die Rednerinnen kamen aus verschiedenen Bereichen. Am Anfang sprach Anette Hergl von verdi Hessen und stellte die allgemeine Misere in der Altenpflege dar. Sie betonte wie wichtig es sei, über einen verbindlichen Tarifvertrag die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu regeln. Ingrid Reidt von der katholischen Betriebsseelsorge hielt eine engagierte Rede, forderte mehr Einsatz und Unterstützung für die Beschäftigten und hielt drei Schilder hoch mit den Wörtern “Pflege“, „Wert“, „Schätzen“. Die Sorgearbeit wird in unserer Gesellschaft viel zu wenig Wert geschätzt. Cordelia Scherwitz von dem Verein „Hiergeblieben“ in Kranichstein stellte die Arbeit und die Ziele des Vereins anschaulich vor. So lange wie möglich sollen ältere Menschen in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können und der Umzug ins Altenheim möglichst spät erfolgen. Mit Angeboten und helfender Unterstützung von Menschen aus dem Stadtteil sollen Strukturen aufgebaut werden, die alte Menschen weiter aktiv in den Stadtteil einbinden.
Auf umstehenden Infotafeln wurde die Situation der Beschäftigten beschrieben, die zu der aktuellen Misere in der Altenpflege führen:
- keine geregelten und verbindlichen Dienstpläne,
- keine Sicherstellung einer guten, zuverlässigen Pflege,
- zusätzliche Belastung des Pflegepersonals durch die als unzureichend empfundene Pflege,
- die Vorstellung, die bestehende Arbeitssituation nicht bis zur Rente durchhalten zu können,
- verstärkte Tendenz zur Teilzeit auf Grund der Arbeitsbelastungen und
- der Totalausstieg aus dem Beruf.
Aber nicht nur die negativen Seiten in der Pflege wurden auf den Tafeln dargestellt. „Pflege ist vielfältig und erfüllend“, heißt es in einer Überschrift und betont wird, dass die Pflege „eigentlich“ ein sehr schöner Beruf ist. Eine wissenschaftlichen Untersuchung hat festgestellt, dass zwischen 150.000 und 330.000 Beschäftigte in der Altenpflege wieder in ihren Beruf einsteigen würden, wenn die Personalbesetzung sich am tatsächlichen Bedarf ausrichtet und eine bessere Bezahlung erfolgt.
Die Gewerkschaft ver.di fasste ihre Forderungen wie folgt zusammen:
- Verkürzung der Wochenarbeitszeit,
- Verlässlichkeit der Dienstpläne und Urlaubsplanungen,
- Gesundheitsschutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
- Verbesserung der Ausbildung und Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze,
- Keine Privatisierung von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen,
- Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu einer solidarischen Pflegegarantie.
In der Abschlussrede wurde fest gestellt, dass noch viel zu tun ist in der Altenpflege. Interessierte sind gerne zu einem Arbeitskreis eingeladen, der sich mit dem Thema und den Herausforderungen auseinandersetzt. (Termin: 3. Juni, 17:00 Uhr im Gewerkschaftshaus Darmstadt, Rheinstraße 50).